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Global Protein Perspectives

Marktwachstum und Produktvielfalt: Alternative Proteine erobern Lateinamerika

15.08.2025

In Lateinamerika wächst der Markt für alternative Proteine rasant. Regionale Unternehmen setzen auf Innovation und lokale Ressourcen – und prägen so die Zukunft nachhaltiger Ernährung in Ländern wie Brasilien, Mexiko oder Argentinien.

Lesedauer: 3 Minuten

In Lateinamerika wächst das Interesse an alternativen Proteinquellen – ein Bereich, der zunehmend an wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Relevanz gewinnt. Die Region verzeichnet sowohl steigende Nachfrage nach Produkten als auch eine Zunahme von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Laut einem aktuellen Bericht von Market Data Forecast wurde der Marktwert alternativer Proteine in Lateinamerika im Jahr 2024 auf 1,9 Milliarden US-Dollar geschätzt. Bis 2033 soll dieser auf 6,44 Milliarden US-Dollar anwachsen – mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 14,49 Prozent im Prognosezeitraum.

Zu den wesentlichen Faktoren, die diese Entwicklung begünstigen, zählen die ökologischen Auswirkungen konventioneller Tierhaltung, der wachsende Fokus auf nachhaltige und gesundheitsorientierte Ernährung sowie der Wunsch vieler Verbraucher*innen nach ethisch vertretbaren Lebensmitteln. In Ländern wie Argentinien, Brasilien und Mexiko liegt die Nachfrage nach alternativen Proteinen bei 65 Prozent, 67 Prozent bzw. 78 Prozent. In Brasilien wurde der Konsum tierischer Proteine um 29 Prozent reduziert; zudem ernähren sich dort inzwischen rund sechs Prozent der Bevölkerung vegetarisch oder vegan.

Vielfalt und Innovation bei alternativen Proteinen in Lateinamerika

Inzwischen steht Verbraucher*innen in vielen Ländern Lateinamerikas ein breites Spektrum an proteinreichen Produkten zur Verfügung – etwa auf Basis von Bohnen, Linsen, Kichererbsen, Soja oder Erbsen. Diese tragen zu einer abwechslungsreichen und pflanzenbasierten Ernährung bei. Das mexikanische Unternehmen Delike stellt beispielsweise sechs Sorten veganer Burger aus Naturreis, Bohnen, Linsen, Hafer und Gemüse her – mit landesweiter Verfügbarkeit. Ebenfalls in Mexiko produziert das Unternehmen Benji pflanzliche Varianten traditioneller Produkte wie Carnitas (geschmortes Schweinefleisch), Chorizo (Schweinswurst) und Chicharrón (Schweineschwaten) aus Weizengluten, ergänzt durch regionale Gewürze und Aromen.

In Chile bietet Live Green Co. Burger auf Basis von Erbsenprotein, Kichererbsen, Linsen, Leinsamen und Pilzen an. POW! Foods, ebenfalls aus Chile, entwickelt pflanzliche Alternativen zu Chicken Nuggets, Chorizo und Würstchen – mit reduziertem Fettgehalt und ohne Cholesterin im Vergleich zu Fleischprodukten. In Argentinien führt die Marke Felices las Vacas ein Sortiment mit fleisch- und milchfreien Produkten wie panierte Rinder-Milanesas, vegane Nuggets, Burger und Käse.

Insekten – die neue, beliebte Proteinquelle

Auch alternative tierische Proteinquellen gewinnen an Bedeutung – insbesondere Insekten. Grillen etwa enthalten essenzielle Aminosäuren und lassen sich mit geringem Ressourcenaufwand züchten. Laut FAO benötigt ihre Aufzucht deutlich weniger Wasser, Fläche und Futter als konventionelle Tierhaltung. Nach dem Brühen zur Entfernung von Keimen werden die Tiere getrocknet und zu feinem Pulver (Grillenmehl) verarbeitet. Dieses enthält:

  • gesunde Fette mit potenziell positiven Effekten auf das Herz-Kreislauf-System,
  • Ballaststoffe und Chitin, die die Verdauung unterstützen,
  • sowie Mikronährstoffe wie Eisen, Zink, Kalzium und B-Vitamine.

Grillenmehl lässt sich in verschiedenen Lebensmitteln einsetzen – etwa in Keksen, Kuchen, Pasta oder Brot – und beeinflusst Konsistenz und Geschmack.

Auch institutionell gibt es Neuerungen. In Mexiko wurden Insekten als offizielle Lebensmittelkategorie anerkannt. Unternehmen wie Nutrinsectos und OptiProt konzentrieren sich auf die Herstellung sicherer und qualitativ hochwertiger Insektenprodukte.

In Argentinien entwickelten National Institute of Agricultural Technology (INTA) und das National Institute of Industrial Technology (INTI) Backwaren mit bis zu 20 Prozent Grillenmehl (Gryllus assimilis), wodurch der Proteingehalt um bis zu 30,8 Prozent gesteigert wurde. Gleichzeitig wirkten sich die Zugaben positiv auf Aussehen und Geschmack der Produkte aus.

Fermentierte Produkte: Ein Erfolg in Lateinamerika

Die Fermentation stellt eine etablierte und weiterentwickelte Methode zur Herstellung alternativer Proteine dar. Vorteile dieser Verfahren sind unter anderem der Abbau antinutritiver Substanzen wie Phytate und Lektine, ein verbessertes Aminosäureprofil, sowie ein neutraler Geschmack.

In Brasilien fördert das Good Food Institute (GFI) Kooperationsprojekte zwischen Wissenschaft und Industrie, um den Einsatz mikrobieller Fermentation zu skalieren. Ziel ist die Erzeugung funktioneller Verbindungen wie Enzyme, Vitamine und bioaktive Metaboliten.

Technologische Ansätze finden sich auch in Mexiko und Chile, etwa beim Unternehmen NotCo: Mithilfe des KI-Systems Giuseppe werden pflanzliche Inhaltsstoffe analysiert, um tierische Produkte hinsichtlich Geschmack und Textur nachzubilden. In Kolumbien und Peru entstehen fermentierte pflanzliche Joghurts und Getränke auf Basis lokaler Nutzpflanzen – mit dem Ziel, regionale Ressourcen besser zu nutzen.

Ein weiterer Fokus liegt auf der Kombination fermentierter Proteine mit präbiotischen Ballaststoffen wie Inulin, FOS (Fructooligosaccharide) oder resistenter Stärke. Diese tragen zur Förderung einer gesunden Darmflora bei und bilden die Grundlage für Produkte wie pflanzliche Joghurts, Kefir-Drinks, Proteinriegel und verbesserte Fleischalternativen.

Fazit

Die Entwicklungen im Bereich alternativer Proteine in Lateinamerika zeigen ein wachsendes Marktpotenzial und eine zunehmende Akzeptanz bei Konsument*innen. Unternehmen reagieren mit neuen Produktlösungen, während Forschung und politische Rahmenbedingungen die Transformation der Ernährungswirtschaft begleiten. Die Region positioniert sich damit als relevanter Akteur in einem global wachsenden Sektor.

Andre Sulluchuco

Andre Sulluchuco

Lateinamerika-Korrespondent für FoodTech Now!

Kennt sich aus mit der Fleisch- und alternative Proteinindustrie in Mexiko, der Karibik, Mittel- und Südamerika.

Argentina Ministerio de Economía – Agricultura, Ganadería y Pesca. “Evalúan el uso de insectos como alternative de alimentación” Instituto Nacional de Tecnología Agropecuaria (INTA). 24 January 2023. https://www.argentina.gob.ar/noticias/evaluan-el-uso-de-insectos-como-alternativa-de-alimentacion 

Informes de Expertos. “Visión general del mercado de proteínas a base de plantas en América Latina” https://www.informesdeexpertos.com/informes/mercado-de-proteinas-a-base-de-plantas-en-america-latina

Kohan, Ronen. “The Future of Food in Latin America: Embracing Insect Protein”. Latin America Policy Journal. Harvard Kennedy School (HKS) Student Policy Review. 21 June 2023. https://studentreview.hks.harvard.edu/the-future-of-food-in-latin-america-embracing-insect-protein/ 

Market Data Forecast. “Latin America plant-based protein market” June 2025. https://www.marketdataforecast.com/market-reports/latin-america-plant-based-protein-market 

Peta Latino. “¿La próxima ola de innovación en carne vegana provendrá de América Latina?” 2025 https://www.petalatino.com/blog/carne-vegana-de-america-latina/ 

ProVeg International. “Chilean startup POW! Foods launches products at major Latin America retailer” 30 August 2022. https://proveg.org/press-release/chilean-startup-pow-foods-launches-products-at-major-latin-america-retailer/ 

Sawczuk, Celeste. “Harina de grillo: el superalimento que podría cambiar la industria alimentaria”. Infobae. 17 April 2025. https://www.infobae.com/america/ciencia-america/2025/04/17/harina-de-grillo-el-superalimento-que-podria-cambiar-la-industria-alimentaria/ 

The Food Tech. “Harina de insectos: una alternative proteica en la panificación latinoamericana” Tecnología de Alimentos. 18 March 2025. https://thefoodtech.com/tecnologia-de-los-alimentos/harina-de-insectos-una-alternativa-proteica-en-la-panificacion-latinoamericana/ 

The Food Tech. “Carne alternativa en Latam: innovaciones que están cambiando a la industria de alimentos” 19 September 2024. https://thefoodtech.com/tecnologia-de-los-alimentos/carne-alternativa-en-latam-plant-based-carne-cultivada/ 

The Food Tech. “Proteínas alternativas en Latam: nuevas opciones funcionales para la salud y el deporte” 10 November 2024. https://thefoodtech.com/ingredientes-y-aditivos-alimentarios/proteinas-alternativas-en-latam-nuevas-opciones-funcionales-para-la-salud-y-el-deporte/ 

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