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Schweinehälften hängen in einer Kühlhalle

Global Protein Perspectives

Meat 4.0: Wie künstliche Intelligenz die Fleischverarbeitung revolutioniert

12.11.2025

Um in der globalen Fleischindustrie an der Spitze zu bleiben, sind einen klarer Fokus auf Präzision, Rentabilität und operative Effizienz nötig. Daher greifen Verarbeiter entlang der gesamten Fleischverarbeitungskette auf eine Vielzahl von Technologien zurück.

Lesedauer: 7 Minuten

Angefangen bei Betäubungs- und Handhabungssystemen für die Schlachtung der Tiere über das Entbeinen und Zerlegen der Schlachtkörper in der Erstverarbeitung bis hin zu Kochern, Schneidemaschinen und Gefrierschränken in der Weiterverarbeitung und schließlich der Endverpackung. Während diese Technologien seit langem eine entscheidende Rolle bei der Gewährleistung von Lebensmittelqualität und -sicherheit spielen, definiert die Integration künstlicher Intelligenz (KI) die Branche neu.

KI verändert derzeit die Produktionsmethoden, indem sie komplexe Aufgaben automatisiert, die Abhängigkeit von manueller Arbeit reduziert und Fehler durch menschliche Unachtsamkeit minimiert. Gleichzeitig läutet sie eine neue Ära der datengesteuerten Fleischverarbeitung ein.

KI-gestützte Bildverarbeitungssysteme: Verbesserung der Fleischqualität und -kontrolle

Goldene Buchstaben „AI“ vor funkelndem Hintergrund

Die Qualitätskontrolle ist einer der Bereiche, in denen KI einen wichtigen Einfluss auf die Fleischindustrie hat. Fortschrittliche KI-gestützte Bildverarbeitungssysteme können nun Mängel, wie Verunreinigungen, unregelmäßig geformte Produkte oder Farbabweichungen mit einer neuen Präzision und Geschwindigkeit erkennen. Das System kann dann entweder einen Bediener alarmieren oder die Produktionslinie automatisch stoppen, wodurch verhindert wird, dass fehlerhafte Produkte weiter in die Lieferkette gelangen. Der automatisierte Inspektionsprozess reduziert gleichzeitig das Risiko menschlicher Fehler erheblich und überwacht die Produktionslinien in Echtzeit.

Einige der modernsten Systeme verfügen über hyperspektrale Bildgebung, die Spektroskopie und Bildgebungstechnologie kombinieren. Diese Systeme erkennen und klassifizieren Gefahren, wie Fremdkörper auf der Oberfläche von Fleischprodukten, mit hoher Genauigkeit. Neuere KI-Systeme werden zusätzlich durch Machine-Learning-Algorithmen erweitert. Diese ermöglichen detailliertere Messungen, eine Anpassung an neue Produkttypen bei gleichbleibender Leistung über lange Produktionsläufe.

Über die integrierten Bildverarbeitungssysteme erhält der Bediener datengestützte Erkenntnisse, die helfen intelligentere Entscheidungen in der Produktion zu treffen. Nehmen wir als Beispiel einen Hersteller von Chicken Nuggets, der aufgrund uneinheitlicher Formen, Paniermehlbedeckung oder Färbung mit hohen Abfallmengen zu kämpfen hat. Bei hohen Produktionsgeschwindigkeiten ist die alleinige manuelle Inspektion ineffizient und fehleranfällig. Wenn das Frittieröl beginnt, die Panade zu überbacken und ihre Farbe zu verändern, bleibt das Problem möglicherweise unbemerkt, bis bereits Hunderte von Einheiten produziert und verschwendet wurden.

KI-Bildverarbeitungssysteme liefern in Echtzeit Feedback und ermöglichen es den Bedienern, schnell zu reagieren. Selbst eine Reduzierung der Abfallmenge um nur 0,5 % kann im Laufe der Zeit zu erheblichen Kosteneinsparungen führen. Mit genauen visuellen Daten kann das Team Probleme früher erkennen, sofortige Anpassungen vornehmen und eine gleichbleibende Produktqualität sicherstellen.

Cargill und Tyson Foods: Praxisbeispiele

Tyson Foods und Cargill, zwei der größten Fleischproduzenten der USA, sind Vorreiter beim Einsatz von KI-gestützter Computer Vision, um die Betriebseffizienz zu steigern, Abfall zu reduzieren und die Produktqualität in vielen ihrer Werke zu verbessern.

Tyson Foods setzte bislang auf manuelle Bestandsaufnahme. Hier wurden die Fleischverpackungen zeitaufwändig und fehleranfällig von Hand gezählt und erfasst. Heute nutzt das Unternehmen KI-gestützte Bilderkennungssysteme, um die Bestandsverfolgung zu automatisieren und die Frische seiner Produkte sicherzustellen.

Heute nutzt das Unternehmen in vielen seiner Werke in den Vereinigten Staaten eine Kombination aus Kameras, Algorithmen für maschinelles Lernen und Edge-Computing, um Produktdaten in Echtzeit zu identifizieren und aufzuzeichnen. Beispielsweise erkennen Kameras die Art des Hühnerfleischprodukts, während automatisierte Waagen das Gewicht jeder Charge protokollieren. Modelle für maschinelles Lernen gleichen diese Daten dann mit der Lagerhaltungseinheit (SKU) ab, und ein Bediener überprüft die Informationen auf einem nahe gelegenen Bildschirm.

Dieses KI-System verarbeitet jede Woche Tausende Tonnen Hühnerfleisch, erhöht die Genauigkeit und Betriebsgeschwindigkeit erheblich und identifiziert potenzielle Verunreinigungen oder Fremdkörper, wie z. B. Förderbandfragmente, in Umgebungen mit hohem Verarbeitungsvolumen. Die gesamte Infrastruktur wird durch die Partnerschaft von Tyson mit Amazon Web Services (AWS) unterstützt, was eine nahtlose Datenverarbeitung und cloudbasierte Analysen ermöglicht.

Cargill verfolgt mit seiner Computer-Vision-Plattform CarVe einen ähnlich innovativen Ansatz. Das System läuft im Werk Friona (Texas), in das bereits 24 Millionen US-Dollar für Technologie investiert wurden, und dient als Pilotprojekt für eine schrittweise Einführung an weiteren US-Standorten.

CarVe nutzt KI-gestützte Kameras, um das Schneiden und Trimmen von Fleisch auf der Linie zu überwachen. Das System liefert Managern sofortiges Feedback, ermöglicht die Feinabstimmung von Arbeitstechniken, reduziert Abweichungen und minimiert Abfall. Durch die kontinuierliche Echtzeitbewertung der Schneidprozesse sorgt CarVe für konstante Ausbeuten und eine höhere Endproduktqualität. 

Selbst kleine Verbesserungen in der Ausbeute können enorme Effekte haben: Ein Plus von nur 1 % könnte jährlich hunderte Millionen Kilo Rindfleisch einsparen.

Beide Beispiele machen deutlich, wie KI die Weiterentwicklung der Fleischverarbeitung voranbringt: Durch die Verbindung von Spitzentechnologie und Prozessoptimierung setzen Tyson und Cargill neue Standards bei Präzision und Leistungsfähigkeit.

KI-Bildsysteme für Konsistenz und Präzision

KI-gestützte Inspektionssysteme spielen heute eine entscheidende Rolle bei der Steigerung der Genauigkeit in der Fleischproduktion.

Beispiel: Burger-Patties. Jedes Patty muss exakt festgelegte Spezifikationen zu Größe, Form und Dicke erfüllen, um gleichmäßiges Garen und Verpacken zu gewährleisten. In Betrieben mit mehreren Formmaschinen ist die Aufrechterhaltung dieser Konsistenz eine Herausforderung. Integrierte KI-Vision-Systeme liefern hier kontinuierliche Echtzeitmessungen, während sie die Patties beim Austritt aus der Formmaschine überwachen. Sie erkennen doppelt gestapelte Patties, Kantenfehler oder sogar mechanischen Verschleiß an den Formmaschinen.

Die Datenerfassung und -analyse ermöglicht es, Maschinen zu identifizieren, die eine unterdurchschnittliche Leistung erbringen oder die zu einer inkonsistenten Endproduktqualität beitragen.

Über einzelne Maschinen hinaus liefern KI-Bildverarbeitungssysteme auch wertvolle Erkenntnisse auf einer breiteren betrieblichen Ebene. Viele Plattformen enthalten Softwaremodule, die detaillierte, werksweite Leistungsberichte erstellen. Diese können Kennzahlen wie Produktrückweisungsraten, visuelle Eigenschaften (wie Farbe oder Textur) und die Einhaltung von Qualitätsstandards verfolgen.

Die KI-Bildverarbeitung stärkt die Integrität des gesamten Produktionsprozesses. Durch die Erfassung und Analyse kritischer Qualitäts- und Leistungsdaten helfen diese Systeme den Verarbeitern, ihre Verpflichtungen hinsichtlich Lebensmittelsicherheit und operativer Exzellenz in jeder Phase der Lieferkette einzuhalten.

KI-Robotik beim Entbeinen von Fleisch: Präzision, Effizienz und Sicherheit

Industrieller Roboterarm in einer Fleischverarbeitungsanlage

Fortschritte in der Bildverarbeitungstechnologie haben zur Entwicklung von KI-gesteuerten Robotersystemen geführt, die Fleisch mit außergewöhnlicher Präzision schneiden und entbeinen können. Diese Systeme passen sich an unterschiedliche Tiergrößen und Muskelstrukturen an und gewährleisten so gleichbleibend korrekte Schnitte und einen hohen Ertrag. 

Moderne Robotersysteme verwenden heute Laserscanning und 3D-Bildverarbeitungstechnologie, um Spaltvorgänge mit hoher Genauigkeit durchzuführen. Jeder Schlachtkörper wird gescannt, um ein detailliertes 3D-Modell zu erstellen, anhand dessen der Roboter die Länge, Breite und anatomische Struktur des Tieres bestimmen kann. Der Roboter passt dann dynamisch seinen Schnittdruck und seine Klingengeschwindigkeit an und optimiert jeden Schnitt entsprechend den Eigenschaften des Schlachtkörpers.

Diese Technologien gehen weit über das einfache Spalten hinaus. Beim Entfernen von Wirbelknochen beispielsweise scannt das Bildverarbeitungssystem den Schlachtkörper bis zum Rippenbereich und berechnet den idealen Schnittpunkt. Wenn ein Teil des Schlachtkörpers beschädigt ist, kann das System das Problem melden oder den Vorgang automatisch anpassen, um Fehler zu vermeiden.

Durch die Kombination von 3D-Bildgebung, Laserführung und maschinellem Lernen verändern KI-gestützte Robotersysteme nun komplexe Aufgaben in der Fleischverarbeitung und sorgen für höhere Ausbeute und eine effizientere Arbeitsumgebung.

Partnerschaft von JBS und Völur: KI für optimierte Fleischverarbeitung

JBS USA gab kürzlich eine strategische Partnerschaft mit Völur, einem norwegischen KI-Innovationsunternehmen, bekannt. Ziel ist die Optimierung von Fleischverarbeitungsprozessen durch künstliche Intelligenz, insbesondere in der Entbeinung.

Das Projekt wird derzeit in einer der modernsten Rindfleischverarbeitungsanlagen Nordamerikas im Bundesstaat Utah umgesetzt. Dort sortiert die KI Schlachtkörper und erstellt tägliche Schnittpläne, um den Wert jedes Tieres zu maximieren.

Die Lösung von Völur wird auf Microsoft Azure gehostet und liefert JBS USA optimierte Tagespläne, die mithilfe von KI erstellt werden, um komplexe Entscheidungsaufgaben zu bewältigen und die Rentabilität zu steigern. Das System konzentriert sich zunächst auf den täglichen Betrieb, soll aber später auch die langfristige Produktionsplanung unterstützen.

Diese Partnerschaft ist die jüngste einer Reihe von Investitionen von JBS zur Integration von KI- und Computer-Visions-Technologien in seine Prozesse. Dabei unterstützt sie übergeordnete Ziele wie die Abfallverringerung, erhöhte Sicherheit, verbesserte Effizienz und langfristige Nachhaltigkeit.

Vorausschauende Wartungssysteme und KI-gesteuerte Abläufe

Abstraktes Netzwerk aus blauen und orangefarbenen Lichtpunkten

KI revolutioniert auch den Fleischverarbeitungssektor durch vorausschauende Wartungssysteme. Durch die Echtzeit-Datenanalyse von in Maschinen eingebauten Sensoren können KI-Algorithmen frühe Anzeichen von Verschleiß oder Fehlfunktionen erkennen und potenzielle Geräteausfälle vorhersagen, bevor sie auftreten. Dieser Ansatz reduziert kostspielige ungeplante Ausfallzeiten und verlängert die Lebensdauer der Geräte, was zu einer verbesserten Betriebseffizienz und geringeren Wartungskosten führt.

Diese Modelle des maschinellen Lernens verarbeiten Sensordaten wie Temperatur, Druck, Reibung und Stromverbrauch, um Probleme mit Geräten präzise vorherzusagen. In Anlagen mit hohem Durchsatz, in denen eine einzige Fehlfunktion zu Verlusten in Höhe von Tausenden von Dollar führen kann, sind diese Erkenntnisse für die Aufrechterhaltung eines kontinuierlichen und effizienten Betriebs von entscheidender Bedeutung.

Darüber hinaus spielen KI-Technologien eine wichtige Rolle bei der Verbesserung allgemeiner betrieblicher Arbeitsabläufe. Die KI analysiert Daten von Sensoren, Kameras und Leistungsaufzeichnungen und deckt so Muster auf, die es möglich machen, die Nachfrage vorherzusagen und die Logistik zu optimieren. Ein Mensch könnte diese Muster nicht erkennen.

So sorgt die KI dafür, dass die Lieferkette widerstandsfähiger wird, Überbestände sinken und pünktlich geliefert wird und erhöht letztlich die Kundenzufriedenheit.

Chancen und Herausforderungen von KI in der Fleischindustrie

KI-gestützte Robotik transformiert die Fleischverarbeitung, indem sie repetitive Aufgaben automatisiert – präzise, effizient und konsistent. Vom Schneiden und Sortieren bis zur Verpackung steigern KI-Systeme die Produktivität und verbessern die Arbeitssicherheit, da körperlich belastende Tätigkeiten reduziert werden.

Doch dieser technologische Wandel bringt auch Herausforderungen mit sich: Datenschutz und IT-Sicherheit sind zentrale Themen, insbesondere bei sensiblen Produktions- und Kundendaten. Unternehmen müssen daher starke Cybersecurity-Maßnahmen implementieren und sich an ständig weiterentwickelnde Datenschutzgesetze anpassen.

Ein weiteres Hindernis sind die hohen Investitionskosten. Die Einführung von KI erfordert Infrastrukturmodernisierung, Mitarbeiterschulungen und Fachpersonal, was insbesondere für kleine und mittelständische Betriebe eine Hürde darstellt. Hier sind öffentliche Förderprogramme und Branchenkooperationen nötig, um Wissenstransfer und Skalierung zu ermöglichen.

Trotz dieser Herausforderungen liegen die langfristigen Vorteile auf der Hand: Von der Verbesserung der Produktqualität über die Steigerung der Effizienz bis hin zu intelligenteren Entscheidungsprozessen wird die KI eine zentrale Rolle in der Fleischverarbeitung spielen. Mit der Weiterentwicklung der Technologie werden sich ihre Anwendungsmöglichkeiten weiter ausweiten, indem sie Innovationen vorantreibt, den wachsenden Erwartungen der Verbraucher gerecht wird und zu einer widerstandsfähigeren Branche beiträgt.

Andre Sulluchuco

Andre Sulluchuco

Lateinamerika-Korrespondent für FoodTech Now!

Kennt sich aus mit der Fleisch- und alternative Proteinindustrie in Mexiko, der Karibik, Mittel- und Südamerika.

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