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Eiweißquellen

Von Algen bis Zellfleisch – Ein Überblick

12.03.2025

Die Zukunft der Ernährung ist vielfältig – und alternativ. Immer mehr Unternehmen setzen auf innovative Proteinquellen, um den wachsenden Bedarf an gesunden, nachhaltigen und effizienten Lösungen zu decken. Welche sind das? Ein Überblick.

Lesedauer: 4 Minuten

Von Algen bis Zellfleisch – Alternative Proteine im Überblick

Grafik: Alternative Proteine im Überblick

Aktuell gibt es laut der NGO The Good Food Institute (GFI) weltweit bereits über 2.000 Unternehmen im Bereich der alternativen Proteine, befördert durch eine hohe Zahl staatlicher wie privater Investitionen. Innovative Startups, etablierte Unternehmen aus der Lebensmittelwirtschaft und Forschungseinrichtungen bilden ein leistungsstarkes Ökosystem, das neue Methoden zur Eiweißgewinnung entwickelt und Proteinquellen erforscht. Welche sind das? Im Folgenden ein kurzer Überblick:

Pflanzliche Proteine: 
Hierzu gehört der gesamte Markt der pflanzlichen Milch- und Fleischersatzprodukte aus Hülsenfrüchten, Getreide und Nüssen. Welche Mengen dieser Produkte heute weltweit produziert werden, ist schwer zu schätzen, da sie noch nicht überall systematisch erfasst werden. In Deutschland, das einen der größten Märkte für pflanzliche Fleischersatzprodukte hat, werden laut statistischem Bundesamt etwa 100.000 Tonnen Fleischersatzprodukte im Jahr produziert. Jenseits der Ersatzprodukte werden zugleich alte proteinreiche Kulturpflanzen neu entdeckt und erleben weltweit einen Aufwind, wie Quinoa oder Buchweizen, der schon seit Jahrtausenden in Asien angebaut wird. Ergänzt werden sie durch neue Generationen von pflanzlichen Proteinquellen, die an Bedeutung gewinnen oder deren Potenzial erforscht wird, etwa das Lupinenprotein, die Baru-Mandel oder die Frucht der Macauba-Palme.

Insektenproteine: 
In Europa sind sie eher unbeliebt, weltweit essen hingegen mehr als 2 Milliarden Menschen Insekten, vor allem in Afrika, Asien, Südamerika und Australien. Denn viele Insekten sind eine hochwertige und nachhaltige Proteinquelle, die reich an essenziellen Aminosäuren, Vitaminen und Mineralstoffen ist. Insekten benötigen deutlich weniger Ressourcen wie Wasser, Land und Futter als herkömmliche Nutztiere und haben somit einen geringeren ökologischen Fußabdruck. Insektenproteine, etwa aus dem gelben Mehlwurm, Grillen oder Heuschrecken, werden bereits in Form von Mehl, Riegeln oder Snacks genutzt und könnten eine Schlüsselrolle bei der Sicherung der globalen Ernährung spielen. Auch auf europäischen Speiseplänen könnten sie bald einziehen: in Europa erhielten bereits vier Insektenarten eine Lebensmittelzulassung, beginnend mit Mehlkäferlarven im Juni 2021. Ab dem 10. Februar 2025 darf UV-behandeltes Mehlwurmpulver offiziell in Brot und Kuchen verarbeitet werden. 

Zellkulturbasierte Proteine: 
„Tierische Produkte ohne Tiere“, das ist der Ansatz der „zellulären Landwirtschaft“. Das bekannteste Konzept ist das Zellfleisch (auch In-Vitro-Fleisch oder Cultured Meat), wofür tierische Muskelzellen mittels Nährlösung in Bioreaktoren gezüchtet werden. Zum Verzehr erstmals zugelassen wurde Zellfleisch 2020 in einer Hybridform in Singapur. Weltweit wird an der Züchtung verschiedener tierischer Gewebe – von Enten- über Rindfleisch bis zu Meeresfrüchten – geforscht. Dadurch kann viel Platz gespart werden, allerdings ist die Herstellung nach wie vor sehr energieintensiv und kostspielig. Die weltweit produzierte Menge ist derzeit noch gering, da die Produktionskapazitäten bisher nicht für industrielle Mengen ausgelegt sind.

Fermentationsbasierte Proteine: 
Die Gärung ist eine uralte Technik der Haltbarmachung und Umwandlung von Lebensmitteln durch Mikroorganismen. Zu Natto, Kimchi, Sauerkraut und Co. treten nun neue vielversprechende Entwicklungen, denn die Fermentation ist gut skalierbar. Die Präzisionsfermentation ist eine innovative Technologie, bei der Mikroorganismen wie Hefen, Bakterien oder Pilze so „programmiert“ werden, dass sie gezielt bestimmte Proteine oder andere Moleküle produzieren – zum Beispiel Eiklarprotein, tierfreies Kollagen und das Häm-Protein, das Fleischersatzprodukten einen Umami-Geschmack verleihen kann. Einzellerproteine (auch „Single Cell Protein“, SCP) aus Hefen oder etwa der Mikroalge Spirulina – bisher häufig als Futtermittel im Einsatz – werden in industriellen Biomasse-Fermentationsverfahren hergestellt und gewinnen für die menschliche Ernährung an Bedeutung. Ein bekanntes Beispiel ist das aus dem Mikropilz Fusarium venenatum gewonnene Mykoprotein „Quorn“, das bereits 1985 auf den Markt kam und eines der ersten kommerziell erfolgreichen Fleischersatzprodukte der Welt war. 

Algen und Pilze: 
Sie sind besonders in der südostasiatischen Küche als Proteinquellen verankert und gewinnen seit einigen Jahren weltweit an Beliebtheit. Pilzfruchtkörper sind reich an Proteinen, Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen und enthalten wenig Fett und Kalorien. Etwa 50 Millionen Tonnen Pilze wurden laut FAO (Food and Acriculture Organization of the United Nations) im Jahr 2023 weltweit gezüchtet, am meisten Champignons, Shiitake und Austernpilze. Makroalgen wie Wakame, Kombu oder Dulse sind proteinreich, enthalten Jod, Omega-3-Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe und sind ebenfalls kalorienarm. Aufgrund ihrer traditionellen Verwendung werden ebenfalls bereits große Mengen – zumeist aus Aquakultur – geerntet, 2019 waren es der FAO zufolge weltweit etwa 35 Millionen Tonnen.

Nebenstromverwertung: 
Zwar lassen sich einige ihrer Produkte den zuvor genannten Kategorien zuordnen, doch die Nebenstromverwertung verdient für ihren Ansatz eine eigene Nennung: Hierbei geht es um die möglichst nachhaltige und ganzheitliche Nutzung von Lebensmitteln nach dem Motto „Zero Waste“. Denn bei der Verarbeitung von Lebensmitteln fallen häufig Reststoffe an, die zu wertvoll für den Abfall sind. Da die Nebenströme der traditionellen Lebensmittelverarbeitung sehr groß sind, ist das Potential entsprechend hoch – insbesondere bei den Pflanzen, deren Nutzung derzeit noch weniger optimiert ist als die von Tieren. Schätzungen des GFI zufolge, könnten allein in den USA die Nebenströme aus der Maisproduktion bald 500 Millionen Tonnen pro Jahr übersteigen. Beispiele für bereits erfolgreich gewonnenes Eiweiß aus der Nebenstromverwertung sind das Molkenprotein (auch „Whey-Protein“), Bierhefe, Kartoffelprotein aus Kartoffelschalen oder Rapsschrot.